Anforderungen an ein E-Voting System

Es sind dies zunächst dieselben Anforderungen wie bei einem traditionellen Abstimmungsverfahren: 

1. Kontrolle der Stimmberechtigung
Dazu gehört auch die Verhinderung einer doppelten Stimmabgabe.

Die Schwierigkeit dabei ist, dass die Kontrolle ohne Verletzung des Stimmgeheimnisses erfolgen muss. Im Übrigen gehe ich nicht weiter auf diese Anforderung ein.

2. Wahrung des Stimmgeheimnisses
Behörden und Öffentlichkeit geht es nichts an, wer wie gestimmt hat. Aber auch die Stimmbürger dürfen keinen Beleg erhalten, aus dem ersichtlich ist, wie sie gestimmt haben, da die Abstimmung sonst mit Geld oder Drohungen beeinflusst werden kann. (>Stimmgeheimnis)

3. Ermittlung des richtigen Resultats
Das Ergebnis der Abstimmung soll den tatsächlich abgegebenen Stimmen entsprechen. 

4. Nachprüfbarkeit des Resultats
Es muss möglich sein, die Richtigkeit des Resultats nachträglich zu überprüfen, z.B. wenn Anhaltspunkte für Fehler vorliegen. Bei einem traditionellen Abstimmungsverfahren geschieht dies mit einer Nachzählung.
   

Für ein Online-Verfahren kommen sodann zusätzliche Anforderungen hinzu:

5. Warnsignal bei Manipulationen
Bei traditionellen Abstimmungen ist es praktisch unmöglich, in grösserem Massstab Stimmen zu fälschen, ohne dass es auffällt. Bei einem elektronischen Verfahren ist jedoch gerade das die grösste Gefahr: Dass wir überhaupt nie erfahren, ob eine Abstimmung manipuliert wurde. Es muss daher eine Möglichkeit geben, dies zu erkennen.

6. Stabile Verfügbarkeit des Systems
Der Betrieb des Systems kann durch Angreifer blockiert werden (z.B. mit einer ‘DDoS’ Attacke, vgl. >Hacker-Methoden). Es muss gewährleistet sein, dass eine Abstimmung dadurch nicht schwerwiegend beeinträchtigt wird. 

Ein Angriff dieser Art würde jedenfalls nicht unbemerkt bleiben. Im schlimmsten Fall müsste die Abstimmung dann wiederholt und für die Zukunft zum alten Verfahren zurückgekehrt werden. Das bedeutet jedoch keine grundlegende Gefahr für die Demokratie. Auf diesen Punkt gehe ich daher im Folgenden nicht weiter ein.
    

Von verschiedener Seite werden noch weitere Anforderungen genannt:

♦ Einfache Bedienbarkeit (Art. 2 lit. b VEleS) 

♦ Mechanismen für den Schutz vor Zwang oder Beeinflussung durch Familien- und Gruppenangehörige (OSZE 2016Domgörgen 2008, S. 20 ff)

Das ist zwar wünschbar, bei der brieflichen Stimmabgabe jedoch ebenso wenig gewährleistet. Wichtig ist vor allem, dass den Stimmenden kein Beleg über den Inhalt ihrer Stimmabgabe ausgehändigt wird, denn damit würde Stimmenkauf oder die Beeinflussung durch Drohungen in einem grösseren Umfang ermöglicht (vgl. >Stimmgeheimnis).

♦ Zugänglichkeit und Bedienbarkeit für >Behinderte

♦ Keine Abstimmungspropaganda oder sonstige Beeinflussung im Abstimmungs-Umfeld 
    

Im Folgenden beschränke ich mich auf die oben genannten Hauptpunkte 2 - 5. Diese einzuhalten, ist schon schwierig genug.